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Frauen
und Technik
Flashlight
Ausgerechnet an mich als ordentlich gelernte KFZ-Mechanikerin
trat der Vorstand der Parkplatzraver e.V. heran, um das emotionsgeladene Thema "Frauen und Autos" zu
beleuchten. Ein Versuch zur zeitgemässen Erfüllung der Frauenquote.
Meine Begeisterung für Automobile wurde durch meinen Vater ausgelöst, der trotz Ölkrise in den 70ern
Ami-Schlitten fuhr. Zum Zeitpunkt meiner Einschulung war unsere Familienkutsche ein dunkelblauer 73er Lincoln Continental
mit weissem Vinyldach. Von Mutti In diesem vorgefahren zu werden heimste deutlich mehr Bewunderung ein, als ein
nach Benzin stinkender Käfer. Dort suchte ich dann vergebens meine heissgeliebten verchromten elektrischen
Fensterheber. Mein persönlicher Liebling war allerdings unser roter 69er Mustang. Mit ihm liess es sich superlässig
über die Sandpisten des Regenwaldes in Liberia gasen. In diesem westafrikanischen Land,wo wir drei Jahre lebten,
war es auch eine Leistung, eine vernünftige Sammlung an Matchbox-Autos aufzustellen. Kein Junge aus der Nachbarschaft
konnte ernsthaft mit mir konkurrieren. Puppen waren mir fremd, da sie meine Sehnsucht, mit einem fetten V-8 über
schier endlose Highways zu gleiten, nicht zu stillen vermochten.
Bei solchen Grundlagen, war es nahezu zwingend, mich als junge Frau in einer KFZ-Werkstatt einzunisten. Eine freie
Citroen-Werkstatt nahm sich meiner an. Auch in den 90ern ist es ein heikles Unterfangen, in der Automobile-Branche
als Frau Akzeptanz zu erheischen. Das dunkle Kapitel meiner Lehre möchte ich aussen vor lassen, um den Unmut
meiner ehemaligen Kollegas zu entgehen. Diese fühlten sich allein durch mein Gefährt, einen 116er V-8,
korrumpiert und empfahlen mir immer wieder verzweifelt Fiasko&Co. Ohne ein Mindestma§ an Knautschzone
begebe ich mich jedoch nicht auf die Straße.
Abschließend berichte ich kurz vom Thema Männer und ihrer unheimlichen Begegnung mit der Krone der Industrialisierung
- dem Auto. Besonders reizvoll war stets die Auftragsannahme. Mit einem bittersüßen Lächeln verschmerzte
ich das männliche Verlangen doch mit einem "Fachmann" das Problem einer defekten Leuchteinheit erläutern
zu wollen. Gern schrieb ich auch die Bitte nach einer Vergasereinstellung auf - außer Acht lassend, vor mir
einen waschechten Diesel zu haben. Derartige Kundenbetreuung bedarf eines gewissen Feingefühls. Dem Manne
den Stolz um das Wissen zu lassen, die bloße Existenz des Mythos Vergaser erahnt zu haben. Auch am Telefon
galt es,das seelische Gleichgewicht des Kunden nicht durch schallendes Gelächter zu gefährden. Mehr als
einmal durfte ich aufregenden Geräuschen wie etwa "chrr,zwiep,zurp,knack " lauschen. Diese Lautäußerungen
sollten eine sachliche präzise Schilderung eines technischen Problems darstellen. Die folgende Frage : "Ist
das lebensgefährlich? " ließ mein Autoherz zerbrechen.
Die Essenz meiner Erfahrungen : Die typische, spätestens in den 50er Jahren manifestierte, geschlechtsspezifische
Zuteilung des Autos hat auch (leider) im Jahre 2000 noch Bestand. Der Mann, unter dem Zwang Kenntnis vom Komplex
KFZ zu haben, ist jedoch zumeist umwabert von einer Aura des Halbwissens. Die Frau, jeden Anflug möglichen
technischen Verständnisses abwehrend, fügt sich in die Mausi-Auto-Kultur.
Text: Inga Münch |